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"Marianne lesend 1" von T.A. Wilrode
"Marianne lesend 2" von T.A. Wilrode
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"Urform" von T.A. Wilrode
"Schwestern" von T.A. Wilrode
"Schwestern" von T.A. Wilrode
"Drei Frauen nachdenklich" von T.A. Wilrode
"Samba tanzt mit dem Vogelgott" von T.A. Wilrode
"Felsenbucht" von T.A. Wilrode
"Fünf Felsen am Meer" von T.A. Wilrode
"Süddeutsche Landschaft / bei Tübingen" von T.A. Wilrode
"Rot-Weiß-Türkis" von T.A. Wilrode
"Neue Ordnung" von T.A. Wilrode
"Fabrikanten-Ehepaar" von T.A. Wilrode
Dieses Bild ist eine Hommage an den Künstler Gert Arntz
Malen aus Leidenschaft oder Malen als Liebhaberei?
T.K-H. schreibt:
„ ... wenn sie [die Italiener] einen sehen, der eine Kunst übt, ohne davon Profession zu machen, sagen sie:
Si diletta ...[er vergnügt sich]“.
Und das ist noch keineswegs pejorativ gemeint, wie der Nachsatz erkennen lässt: 'Die höfliche Zufriedenheit und Verwunderung, womit sie sich ausdrücken, zeigt dabei ihre Gesinnung an.'
So also Goethe und Schiller in ihrer Abhandlung „Über den sogenannten Dilettantismus oder die praktische Liebhaberei in den Künsten“ (1799) [1]
Und was ist der Grund für diese Zufriedenheit, dieses dilettare, zumindest beim Ausführenden?
Es muss in jedem Fall ein großes Vergnügen sein, etwas Erkennbares wieder zu geben, zu zeichnen, zu malen, die Welt mit ein paar eigenhändig ausgeführten Strichen andeutungsweise zu spiegeln, oder auf sie anzuspielen, sie in jedem Fall zu „bezeichnen“.
Eigenhändig? Vielleicht schon. Es muss dabei eben doch etwas Persönliches dahinter stecken, bei dieser Freude, ein Bild durch eigene Striche zu Werk gebracht zu haben, und doch etwas anderes als beim Fotografieren (bei aller Anerkennung für den genialen Blick, der mit dem Klick des Auslösers besiegelt wird).
Also Malen, Zeichnen, eigenhändig, Strich für Strich, also Bleistifte her, Farbstift, Farbtopf und Pinsel oder was sonst noch. Die Sammlung von Objekten, arrangiert zu einem Kunstwerk, soll erst später erwähnt werden, wenn es um Abstraktes geht. [2]
Hier geht es zunächst um die Einschränkung auf das Figurative, und da gilt die Abbildungsfähigkeit als besonderes Zeichen der Könnerschaft und ihr Unvermögen als Mangel, als nicht gekonnt.
*
„Mama ich habe gemalt“ (er meint: gezeichnet), sagt ein
(mir nicht unbekannter) kleiner Junge während einer Pause zwischen den Studio-Auftritten
seiner Mutter im Atelier der „Bavaria Film“ in Geiselgasteig.
„Schau mal, das bist du“ sagt er (auf dem Blatt sieht man einen eiförmigen Kopf, symbolische Kürzel von Haar, Ohren, Augen, Lippen und so weiter, also das Übliche bei Kinderzeichnungen). “Doch Mama, das bist du“, sagt er und steckt Mamas zögerndes Lob selbstbewusst ein.
Prince Charles malt ausgezeichnete Aquaralle (englische Gentleman-Tradition), und die Mama Queen lobt ihn ebenfalls - wie einen braven Buben. Das erhebt und bestärkt - sicher auch ihn. [3]
Goethe malte auch- und zwar gar nicht so nebenbei. Aber er beklagt sich, dass er eigentlich nicht das Zeug zu einem Maler habe oder nicht die Zeit und die Geduld, es zu werden:
... dass ich in Italien in meinem vierzigsten Jahre klug genug war, um mich selbst insoweit zu kennen, dass ich kein Talent zur bildenden Kunst habe ...“, äußert er sich gegenüber Eckermann. [4]
Ungeachtet dessen widmet er sein berühmtes Zeichenbüchlein der Prinzessin Caroline von Weimar. [5] Er war also doch nicht ganz un-stolz darauf und hätte sicher auch sonst nie darauf verzichtet, zu erwähnen, dass er unter anderem auch male und zeichne.
Und Eckermann selbst, der Bescheidene, der die selbstzweiflerische Äußerung Goethes in seinen Aufzeichnungen festhält, berichtet von sich, wie er in seinen Kriegs- und Studienjahren plötzlich mit Überraschung feststellen konnte, dass ihm ein Bild gelungen war, und mit welchen Stolz und welcher Zuversicht ihn das erfüllte. [6]
Solche Erlebnisse kennen wahrscheinlich die meisten. Aber nach der Schule verliert sich die Lust am eigenen „Gekritzel“ sehr schnell.
Bei manchen hält sie sich dagegen hartnackig, und entsprechende Personen werden sogar so etwas, das man tatsächlich „Maler aus Leidenschaft“ nennen könnte, vielleicht ein ganzes Leben lang, und zwar gleichgültig, welchen Beruf sie ergreifen, ob als Politiker/Innen, Beamte/Innen, Ärzte/Innen oder Schauspieler/Innen.
Und bei einzelnen stellt sich sogar irgendwann unerwarteter Erfolg ein und öffentliche Anerkennung. Aber das war und konnte nicht ihr Haupt-Anliegen gewesen sein - außer dem natürlichen Wunsch nach Anerkennung im privaten Kreis von Freunden und vielleicht Kunstverständigen.
Also Malerin oder Maler nicht aus Karrieregründen, sondern sozusagen um der Sache selbst willen. Aber wie nennt man diese Sorte? Welcher Kategorie sollte man sie zuordnen?
Autodidakt/Innen
Nebenberufliche Maler/Innen
Gelegenheitsmaler/Innen
Maler/Innen von Reisezeichnungen
Gentleman – Maler/Innen?
Hinter all diesen Zuweisungen lauert die - keineswegs immer verdiente - Negativ-Bedeutung des Dilettantismus: Guter Wille - aber technisch oder geschmacklich ungenügend.
Dilettantismus, scheint allerdings ein unerschöpfliches Thema, Goethe und Schiller haben sich offenbar schon daran die Zähne ausgebissen.
Sie verstiegen sich trotz vieler erhellenden Bemerkungen schnell in allerlei Postulate, (wer ein Dilettant genannt werden könne, wer es sein dürfe, ob Dilettantismus schädlich oder nicht sei für die Bildung, für die Gesellschaft usw.), dabei stellten sie Forderungen auf, die ihren eigenen Dilettantismen widersprachen, und sie ließen ihre Abhandlung schließlich ruhen.
Hervorzuheben bleibt aber in dieser etwas pedantischen Abhandlung doch auch eine Äußerung, die über alle handwerklichen Definitionen hinausgeht und die aufs Inkommensurable der Kunst weist: „Der Künstler wird geboren. Er ist eine von der Natur privilegierte Person.“ [7]
Das eröffnet allerdings einen weiten Himmel für schöpferische Aktivitäten und ihre Variationen.
Es gibt dementsprechend in ihrem Aufsatz eine interessante Aufzählung der Vielfalt von Künstlertypen und Spielarten der Kunstausübung.
Interessant wäre übrigens auch, was Goethe und Schiller über satirische und komische Genres gesagt hätten: Zum Beispiel über Rodolphe Toepffer und seine Bilderromane, die Goethe selbst noch im Alter mit Vergnügen durchblätterte. [8]
Man wüsste auch gern, wie er Wilhelm Busch als Textgestalter und Zeichner gesehen hätte und andere Autoren der „Fliegenden Blätter“, und damit wäre man schon bei den Doppel-Begabungen angelangt, als besonderem Problem der Einordnung:
Die Reihe der Doppelbegabungen die eben nicht „eine Profession“ aus ihrer Malertätigkeit machen wäre lang und kann nur höchst unvollständig angedeutet werden: Da wäre im 19. Jahrhundert unter anderen zu nennen Adalbert Stifter als Epiker und Maler, und dann später Arnold Schönberg als Musiker und Maler, auch HermanHesse als Dichter und Aquarellist oder Günter Grass als Multitalent oder Armin Müller-Stahl als Schauspieler und Maler.
Der ganzen Reihe von nebenher malenden berühmten Frauen müsste man sowieso ein extra-Kapitel widmen, das aber hier den Rahmen sprengen würde, es ist in Vorbereitung. [9]
Selbstverständlich bleibt bei allen Variationen auch der Doppeltätigen die Verehrung der technischen Meisterschaft ein Kern der Anerkennung. Aber auch die Anerkennung des zeichnerischen Aperçu, der witzigen Karikatur hat immer gegolten.
Oder sollte man Farbklekse von Miró (zweifellos genial) ausklammern oder Krakeleien von CyTwombly? [10]
Abgesehen davon: Leicht hingeworfene zeichnerische Genieblitze von begabten Persönlichkeiten (u.a. übrigens von Schiller selbst) gab es schon immer.
Aber das Postulat der überragenden bildnerisch- technischen Qualität, etwa im Sinne der ungeheuerlichen Raffinesse der Altmeister, war lange alleingültig und verpflichtend für ein bestimmtes Genre der repräsentativen Malerei. Und die ist sicher nur mit hingebungsvoller lebenslanger Hauptbeschäftigung verbunden, aber wo bleiben der Apotheker Spitzweg oder die spätere Carl Blechens oder die Variante des Zöllners Rousseau?
In jedem Fall greift
die Abgrenzung des Dilettantentums mit dem Hinweis auf eine nicht professionell
betriebene Tätigkeit deutlich zu kurz, und die immer anklingende Beziehung auf
das Kriterium „Beruf“ ( z.B. „Maler von Beruf“) reicht offenbar nicht aus für den Ausweis
anerkannter „hauptamtlicher“ Künstlerschaft. [11]
-
Auch die Festlegung auf ein bestimmtes Sujet, eine durchgehende Malweise, die konstante beharrliche Behauptung eines malerischen Ideolekts („Eigensprachlichkeit“), oft über die Spannen eines ganzen Kunstschaffens, eines ganzen Leben hinweg (van Goghs Strichmanier, Mondrians ewige Becher und Vasen, Modiglianis Akte, Chirico Schatten) - auch das ergibt nicht automatisch den Ausweis der Künstlerschaft.
Also, was bleibt? Letztlich bleibt immer wieder der Rekurs auf den rätselhaften Charakter des ästhetischen Urteils:
„Gefällt mir oder nicht, spricht mich an oder nicht“, so die erste Reaktion bei der Betrachtung
eines Bilds. Soll man sie in ihrer schlichten Gradheit übel nehmen?
Erwartet man lieber geistreiche Wortakrobatik wie anlässlich so vieler Vernissagen?
Warum überhaupt so viel Worte?
Lieber Zuspruch und Anerkennung, oder auch Ablehnung, aber von mir aus mit einem Glas Sekt in der Hand, wenn’s erlaubt ist.
In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch mit viel Zuspruch und Anerkennung für
T.A. Wilrodes Bildschaffen.
Dein alter ego T.K-H. [12]
Anmerkungen
[1] Goethe/Schiller: Über den sogenannten Dilettantismus oder die praktische Liebhaberei in den Künsten 1799. Goethes sämtliche Werke, Cotta: Stuttgart Tübingen 1857, Bd.32.
[2] Die Sammlung von Objekten, arrangiert zu einem Kunstwerk, gehört auch dazu, aber die Assemblage und Ähnliches, soll erst später an die Reihe kommen, wenn es um Abstraktes geht.
[3] HRH Prince of Wales: Prince Charles. Aquarelle. Eulenverlag o.O.,o.J.
Vgl. das Vorwort der Queen.
[ 4] Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in seinen letzten Jahren. Reclam: Stuttgart 1998, S. 371, zum 8.April 1829.
[5] Johann Wolfgang Goethe: Reise -, Zerstreuungs- und Trost Büchlein. 1806-1807. Inselverlag: Frankfurt 1979.
[6] Eckermann, Gespräche a.a.O., S. 18 f.
[7)] Goethe Schiller, Dilettantismus a.a.O.
[8] Vgl. Thomas Kuchenbuch: Bild und Erzählung. Geschichten in Bildern. Vom frühen Comic Strip zum Fernsehfeature. MAKS Publikationen: Münster 1992, S. 70 ff.
[9] Der ganzen Reihe von nebenher malenden berühmten Frauen müsste man ein extra-Kapitel widmen, das hier fehlt, weil es gerade Vorbereitung ist, gemeint sind hier also nicht die verehrten Meisterinnen und Ikonen wie etwa Angelika Kaufmann, Berthe Morisot, Frida Kahlo, Paula Modersohn-Becker etc., und viele andere die mir lieb und teuer sind, wie etwa Karin Kneffel ... sondern die nebentätig Malenden und Zeichnenden.
[10] Man sollte sich nicht vergreifen an dem, was die Galeristen heilig sprechen - aber sicher ist auch oft der lästerliche Satz zu hören (mit dem übrigens Lessing, der die Funktion der Kritik immer hochhielt, gar nicht einverstanden gewesen wäre): Kunst ist, was die Kunstkritiker dazu machen, was sie behaupten, Kunst zu sein.
[11] Ein gutes Beispiel für eine lebenslange Nebentätigkeit als Maler wäre der Altertumsforscher, 1848er Wahlmann, und preußischer Justizrat Franz II Kuchenbuch (vgl. Wikipedia-Eintrag Franz Kuchenbuch). Obwohl für die juristische Laufbahn bestimmt, durfte er schon als Jugendlicher bei bekannten Erfurter Malern (wie Nikolaus Christian Heinrich Dornheim) Unterricht nehmen, um die historischen Denkwürdigkeiten der Stadt bildlich festhalten zu können. Nach seinen Veduten und Stadtansichten wurden sogar später architektonische Restaurierungen vorgenommen, z.B. an der durch Luther berühmten Augustiner Kirche (Ölgemälde von 1848).
[12] T.K-H bedeutet: Thomas Kuchenbuch-Henneberg
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